Silke von Hallo Pferd über den Mut, sich für Pferde einzusetzen

Zuletzt aktualisiert am: 30.11.22

Im siebten Interview ruft Silke von Hallo Pferd zu mehr Mut auf, sich für das Wohl der Pferde einzusetzen.

Silke reitet schon seit ihrem 9ten Lebensjahr und verbrachte viel Zeit damit, Pferde und Menschen zu beobachten. Sie begann bald, gängige Methoden zu hinterfragen und setzt sich heute leidenschaftlich für einen artgerechten Umgang mit Pferden ein. Ihre Seite nutzt sie, um Wissen zu vermitteln, aber auch, um zu provozieren und Pferden eine Stimme zu geben.

Auf Hallo Pferd findest Du eine umfangreiche Sammlung an informativen Artikeln sowie Expertenstimmen zu speziellen Themen – immer einen Besuch wert! Und natürlich gibt es Hallo Pferd auch auf Facebook. Jetzt aber Silkes Antworten!

Kultreiter Interview Reihe Teil 7: Silke von Hallo Pferd

Silke von Hallo Pferd über den Mut, sich für Pferde einzusetzen

1. Was bewegt Dich, Deine Seite zu betreiben, und was willst Du mit ihr erreichen?

Ursprünglich habe ich hallo-pferd.de gegründet, um ein Portal „für mich“ zu haben (wir machen das beruflich). Mir wurde schnell klar, dass ich eine Richtung festlegen muss. Und ich kann nicht anders, als pferdegerechte Themen zu unterstützen. Es missfällt mir schon lange, wie Tiere, speziell Pferde, vielfach genutzt werden, um Erfolge zu erringen.

So ein Online-Magazin kann dazu beitragen, Wissen zu vermitteln. Mit mehr Wissen kann man sich Stück für Stück pferdegerechter verhalten und sein eigenes Denken und das, was einem jahrelang beigebracht wurde, hinterfragen. Das ist meine Intention. Auf- und erklären, auch mal provozieren…denn manchmal wird einem erst klar, wie man selbst über ein Thema denkt, wenn man eine „extreme“ Meinung eines anderen liest.

2. Seit wann reitest Du und wie kamst Du aufs Pferd?

Ich wollte mit acht Jahren unbedingt reiten lernen. Leider gab es im hiesigen Reitverein nur Großpferde, für ich zu klein war. Also musste ich ein langes Jahr warten, bis ich Longenunterricht nehmen durfte. Ich ritt dann, wie es viele lernten und lernen, auf Schulpferden und oft in der Abteilung. Das hat mich nicht so richtig weitergebracht. Turnierambitionen hatte ich aber nie. Es folgten dann auswärtig verschiedene Pflegepferde, mit denen ich viel im Gelände war.

Mit meinem liebsten Pflegepferd Loredana habe ich, mit meinen damaligen rudimentären Kenntnissen, viel Boden- und Longenarbeit gemacht. Sie war ein englisches Vollblut, war jung und lief früher auf der Rennbahn, mit mäßigem Erfolg, weswegen sie nur noch auf die Weide gestellt wurde. Nach zwei Jahren war sie eingeritten, gut bemuskelt und ich konnte sogar entspannt mit ihr im Gelände galoppieren…das hat mich sehr geprägt. So eine Wandlung von einem webenden kranken Pferd in ein Verlass-Pferd.

Ich begann dann, das zu hinterfragen, was ich im Reitverein gesehen habe, das waren zum Teil sehr unschöne Sachen. Es wurde mit viel Druck und Gewalt gearbeitet. Als Kind stellst Du das erstmal nicht in Frage. Aber ich habe jede freie Minute dort verbracht, auch, wenn ich nicht reiten konnte, und habe beobachtet. Sowohl die Pferde als auch die Menschen.

3. Was war dein größter Aha-Moment und was hast Du von Pferden gelernt?

Mein Aha-Moment war während eines Ausrittes. Loredana und ich waren länger allein unterwegs, es wurde dunkel und kalt. Der Weg war uneben und ich merkte, dass ich Loredana vertrauen muss, damit wir gesund nach Hause kommen. Ich ließ die Zügel lang und versuchte, sie zu entlasten. Sie blieb ruhig und ging sicher auf dem steinigen Weg, ohne zu stolpern. Wir kamen verfroren, aber glücklich wieder am Stall an. Da merkte ich ganz deutlich, wie eng eine Beziehung sein kann und dass Vertrauen ein elementarer Bestandteil einer funktionierenden Beziehung ist.

Wo aber Zwang, Druck und Gewalt herrschen, kann kein Vertrauen entstehen. Ich kann bis heute nicht nachvollziehen, dass manche Reiter auf dieses Gefühl verzichten, um schnelle Erfolge zu erzielen. Wenn sie sich nur ein wenig mehr Zeit ließen und nicht nur auf andere hören würden, hätten sie nämlich beides: Erfolge und ein Pferd, welches mitarbeitet und keine Angst hat.

Und: wie kann ICH einem Menschen vertrauen, der Pferde unterdrückt und schlägt, um an sein Ziel zu kommen? Das Wort „Respekt“ sollte kein hohles Geschwafel sein, es braucht in unserer Gesellschaft wieder einen Inhalt und einen Wert. Wir Pferdemenschen können das vorleben. Der Gedanke trägt sich weiter in die Familien, in die Kindererziehung, in die Wirtschaft, in das soziale Miteinander. Respekt meine ich aber nicht als negatives Angst haben vor Konsequenzen. Sondern als Achtung vor dem Wesen des anderen, vor seinen Gedanken, Gefühlen und seiner Situation – egal, ob Mensch oder Tier.

4. Dein ultimativer Tipp zum Umgang und zur Arbeit mit Pferden:

Ich habe zwei:

Bleib ruhig!
Je ruhiger Du äußerlich und mit der Zeit auch innerlich wirst, desto klarer sind Deine Signale. Zeit und Geduld sind Schlüsselthemen, wenn man mit Pferden zu tun hat.

Lerne und beobachte!
Je mehr Du über das Wesen Pferd weisst, desto besser kannst Du sein Verhalten deuten. Egal, ob es um Anatomie, Krankheiten oder natürlich seine Ausdrucksweise geht. Dazu gehören Bücher, das Internet und (am wichtigsten) das Pferd selbst. Nimm Dir Zeit, Pferde und Menschen einfach nur zu beobachten. Du wirst erstaunt sein, was alles zwischen den Zeilen zu lesen ist.

5. Wenn Du selbst ein Pferd wärest, wärest Du…

Das ist ja eine gute Frage! Wenn man den Rassen ein Klischee zuordnen würde, wäre ich wohl eine Kaltblut-Stute mit viel Araber-Einschlag (was schwierig sein könnte), die sich hektisch am Zaun hin und her bewegt und eine Aufgabe braucht, um im nächsten Moment mit ihrem Fohlen zu kuscheln und den Moment zu genießen. Ich würde vermutlich viele Verbesserungsvorschläge in der Herde machen und als ziemlich stur unter den Menschen gelten. Aber auch als Angsthase, der gerne mal betüddelt wird. Da ich Apfelschimmel toll finde, wäre das auch meine Wunschfarbe. Leider bleiben sie ja nicht so. 😉

6. Was wünschst Du Dir für die (Pferde-)Zukunft?

Ganz ehrlich? Ich wünsche mir, dass sie schlauer wären und sich einfach nicht so viel gefallen lassen würden.

Alternativ wünsche ich mir mehr Mut für die Menschen, damit sie anfangen, Stellung zu beziehen. Wenn sie also z.B. auf Turnieren Trainingszustände sehen, die nicht pferdegerecht sind, dann auch den Mut zu haben, diese Turniere nicht mehr zu besuchen. Aus Überzeugung! Und Mut dafür, die Reiterin von nebenan für ihren derben Sporeneinsatz zu rügen. Oder den Bauern von gegenüber, der den Pferden schlechtes Heu füttert. Oder an die Eltern von Kind XY herantritt und ihnen schonend beibringt, dass das Pferd nun schon drei Tage nicht mehr aus der Box rausgekommen ist. All solche vermeintlich kleinen Dinge, die aber für das betreffende Pferd eine Menge ausmachen.

Ich kann auch die Worte „gutes Pferdematerial“ oder „Sportpferdekollektion“ nicht ausstehen. Pferde sind fühlende Lebewesen. Keine Gegenstände, die denen man Sport macht. Ja, das klingt abgedroschen. Aber genauso ist es eben. Wenn man wirklich mal beginnt, mit den Pferden mitzufühlen und mit dem, was sie alles erdulden müssen mit uns Menschen – dann kann man sich entscheiden, etwas zum Ändern beizutragen oder man wird einfach stumpf, wahlweise verrückt. Weil man das nicht aushalten kann.

Ich habe mich für das Ändern entschieden. 🙂
Es gibt schon sehr viele tolle Menschen, Ideen und Möglichkeiten, die alle zum Ziel haben, die Welt für die Pferde besser zu machen. In dieser Riege fühle ich mich sehr wohl.

An dieser Stelle ein ganz ganz großes Dankeschön an Silke von Hallo Pferd, dafür, dass sie mitgemacht hat, und dafür, dass sie für eine bessere Pferdewelt sorgt!

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